Schon viel erlebt..!

East London, Südafrika, den 14. Oktober 2017

 

 

 

Gefühlt ist der letzte Eintrag erst wenige Tage her, doch jetzt melde ich mich einen ganzen Monat später.

 

Am dritten Septemberwochenende fand das südafrikanische BoatRace statt. Wer sich ein bisschen in der Ruderszene auskennt weiß, dass das BoatRace die traditionelle Regatta zwischen den Männerachtern der englischen Universitäten Oxford und Cambridge auf der Themse ist. Die südafrikanischen Universitäten haben diese Tradition adaptiert und zu einem bekannten Event für Studenten gemacht. 6 Kilometer werden auf dem Kowie River in Port Alfred im Eins gegen Eins-Modus gefahren. Im Zielbereich findet parallel dann das Festival statt, welches 3 Tage dauert und traditionell von den Freiwilligen besucht wird. Aufgrund des schlechten Wetters sind wir zwar erst Samstag angereist, doch trotzdem haben wir noch gute Plätze auf dem Zeltplatz gefunden, der aufgrund des Regens seinen Namen nicht mehr ganz verdiente. Der Begriff „Moor“ hätte es eher getroffen, was uns aber nach einiger Zeit nicht mehr ganz störte, da wir bereits zum Genuss von Pilsbieren übergegangen waren. Das Festival war zudem auch die erste Möglichkeit, (fast) alle Freiwilligen nach dem letzten Seminar in Deutschland wieder zu treffen, was die Stimmung zusätzlich anhob.

 

Nach dem BoatRace hatten wir noch 3 Wochen Schulzeit zu „überstehen“, bis es in die Frühlingsferien ging. Da die Jahreszeiten auf der südlichen Hemisphäre zu denen der nördlichen Hemisphäre variieren, fängt in Südafrika jetzt gerade erst langsam der Sommer an. Doch in diesen 3 Wochen ist noch recht viel geschehen. Am Freitag, den 22. September wurde in der Schule der Heritage Day gefeiert, der am 24. September die Südafrikaner an ihre Kultur erinnern soll. Die A.W. Barnes PS richtete das Unity in Diversity Concert aus, jede Klasse sollte einen Beitrag zum Konzert liefern, sogar wir Freiwilligen wurden mehr oder weniger gezwungen etwas typisch Deutsches aufzuführen. So betraten Lasse, Victoria und Ich gemeinsam mit Mira und Pauline, zwei ehemaligen Freiwilligen aus East London, welche 2013/14 weltwärts in Südafrika waren, die Bühne und führten das Fliegerlied von Tim Toupet auf. Das Videomaterial veröffentliche ich an dieser Stelle lieber nicht. Die Kinder und vor allem Mr. Gamiet fanden es sehr erfreuend. Aufgrund des Feiertages hatten dann am Montag alle frei, sodass wir nicht in die Schule mussten. Die letzte Septemberwoche war dadurch geprägt, dass die Zahl der in der Schule anwesenden Schüler jeden Tag geringer wurde, da es auf die Ferien zu ging und die Eltern das Geld für den Transport sparten und die Kinder nicht mehr in die Schule schickten. So hatten wir immer weniger zu tun und saßen immer öfter Kaffeetrinkend im Staff Room, weil die Klasse nicht mehr anzutreffen war. Als wir Donnerstagmorgens in die Schule kamen und nach Mr. Gamiet suchten, um Ihm einen Guten Morgen zu wünschen, fand Ich Ihn bereits abfahrbereit im Schulbus sitzend. Er rief mir zu, meine Sachen wegzuschließen und schnell einzusteigen, da er etwas mit uns vorhatte. Nachdem auch Victoria im Schulbus war, sollten wir die Freiwilligen von der Parkside PS Lasse, Paula und Johanna kontaktieren, wir würden sie jetzt an der Schule abholen. Partout wollte uns Mr. Gamiet nicht verraten, wo wir zusammen hinfuhren, bis es nicht mehr zu verheimlichen war und wir die Tore der Mercedes-Benz Fabrik in East London passiert hatten. Daimler Südafrika hatte wohl zu einem Event für die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Sportprojekten aus East London geladen und obwohl wir ASC-Volunteers keine Einladung seitens Daimler hatten, gewährte man uns Zutritt. Neben dem Originalmodell der S-Klasse, die man Nelson Mandela nach seiner Entlassung aus der Haft geschenkt hatte, standen im Foyer auch diverse andere schöne Vehikel, die natürlich einem das Herz aufgehen lassen. Nach einer kurzen Begrüßung durch den CEO von Daimler SA, gab es eine Podiumsdiskussion über die erfolgreiche Arbeit von Sportprojekten im Township. An dieser nahm auch die Schülersprecherin (Headgirl) meiner Schule, Jazmine, teil und wurde nach ihrem Redebeitrag von allen Anwesenden sehr gelobt. Auch Mr. Gamiet ergriff später das Wort und beschrieb, welchen Einfluss Sport auf die Schüler hat. Für seine Arbeit wurde er dann von den Daimler-Managern dafür geehrt, dass er jetzt schon seit mehr als 22 Jahren das Schulleiteramt ausübt und der Community sehr geholfen hat. Als kleines Präsent gab es ein ca. 50 cm langes Auto, welches aus Perlen und Draht gebaut war und jetzt seinen Schreibtisch in der Schule ziert. Nach der Ehrung wurden wir noch durch die Fabrik geführt und da wir wohl als Deutsche erkannt wurden, fragte man uns diverse Fragen, ob man schon vorher eine solche Fabrik besucht habe oder ob man wusste, welche Maschinen alle aus Deutschland kämen. Obwohl in Osnabrück das ehemalige Karmann-Werk nun eine Volkswagenfabrik ist, hatte ich bis zu diesem Donnerstag keinen richtigen Schimmer, wie eine solche Fabrik nun von innen aussieht und der Besuch in der Mercedes-Fabrik hat alle Besucher sichtlich beeindruckt. Die Frage, welche Teile der Fabrik nun „Made in Germany“ seien, lässt sich relativ einfach beantworten: Alles! Sämtliche Roboter etc. wurden von Siemens, Bosch usw. gefertigt, weshalb die gesamte Beschilderung in der Fabrik auf Deutsch war. Das Einzige was noch beeindruckender für alle war als die deutsche Ingenieurskunst, war das Mr. Gamiet jeden einzelnen Arbeiter persönlich zu kennen schien und von so ziemlich jedem begrüßt wurde. Freitag kamen wir dann noch einmal vor den Ferien in die Schule, doch da insgesamt nur 6 Kinder von 1200 Schülern anwesend waren, konnten wir nach einem kurzen Frühstück wieder nach Hause fahren und uns für unseren Roadtrip vorbereiten.

 

Freitagmittags begann auch quasi direkt der Roadtrip. Zusammen mit einigen anderen Freiwilligen aus Coffee Bay, Port Elizabeth, Berlin und Jeffreys Bay wollten wir das Ostkap erkunden. Den Freitagabend wollten wir zusammen in Berlin verbringen. Abgeholt wurde ich dann von den 3 Freiwilligen aus Coffee Bay, die mich mit nach Berlin nahmen, nachdem wir noch letzte Besorgungen erledigt hatten. Nach einem relativ ernüchternden Besuch in einem „Club“ namens „Berlin Hotel“, holten wir am Samstagmorgen einen Mietwagen aus King Williams Town ab und starteten nach einem Frühstück bei McDonalds („Meccie“) (es sollte nicht das einzige bleiben) in Richtung Landesinnere, Cradock. Wir steuerten Cradock als erstes an, da wir zusammen in den Mountain Zebra National Park gehen wollten, quasi eine Art Safari machen. Nachdem wir einige Schwierigkeiten mit der Verkehrsführung in Baustellen hatten (nix schlimmes passiert) und auch landschaftlich viele schöne Stellen gesehen haben, sind wir in einem Backpackers angekommen, wo wir direkt Rippchen gegrillt haben und am Lagerfeuer gesessen haben. Der Besuch im National Park am nächsten Morgen war super, wir haben viele Tiere gesehen, zwar keine Löwen oder Geparden, aber eine ganze Menge Zebras und Springboks. Zudem hatten wir das einmalige Erlebnis, mitten im Nationalpark im Swimmingpool planschen zu dürfen. Warum genau an dieser Stelle ein Pool gebaut worden war, erschloss sich uns zwar nicht, aber meckern konnten wir darüber nun auch nicht wirklich. Nachmittags fuhren wir dann nach Queenstown, wo wir für zwei Nächte in einem Backpackers namens „Peter B Accomodations“ schlafen wollten. Peter, der Besitzer, war sehr freundlich und zuvorkommend und organisierte für uns einen Besuch auf der Farm seines Freundes für den nächsten Abend. Er versprach uns, dass wir unter anderem Nashörner aus nächster Nähe sehen könnten. Er hielt sein Versprechen und am nächsten Abend trafen wir Brian, dessen Haus direkt neben dem Stadtpark von Queenstown steht, in welchem 8 Nashörner leben. Nach einem kurzen Blick auf die Nashörner neben dem Haus bestiegen wir Brians Bakkie und fuhren zu seiner Farm etwas außerhalb der Stadt. Der Ritt auf dem Bakkie bei 60 Kilometern pro Stunde war eine Erfahrung, die man nicht so oft machen kann. Brians Farm war mehrere hundert Hektar groß und enthielt unter anderem einen privaten Gamepark (quasi ein Reservat), wo viele Tiere lebten und wo er Barbary Sheeps (dt. Mähnenspringer) züchtete. Barbary Sheeps sind eine seltene Art, die nur noch in Äthiopien angesiedelt ist. Nachdem wir hinten auf dem Bakkie durch das Gelände gefahren sind, ging es noch auf einen ca. 2000m hohen Berg auf Brians Farm. Auf dem Gipfel hatte man eine super Aussicht auf das gesamte Karoo und die umliegenden Berge. In der Dämmerung ging es zurück zu Brians Haus am Stadtpark, wo wir uns noch einmal die Nashörner angesehen haben. Die Tiere kommen jeden Abend direkt an die Mauer, wo sie fressen und sich im Schlamm suhlen. Bis auf einen Meter konnten wir an die Tiere heran kommen und sie von einer Leiter hinter der Mauer aus betrachten. Eine sehr coole Erfahrung! Die nächste Station hieß Port St. Johns, was für uns bedeutete, dass wir eine fünf Stunden lange Fahrt vor uns hatten. Am heißesten Tag der Woche. 36 Grad im Schatten. Zu unserem Glück hatten unsere Mietwagen funktionierende Klimaanlagen, sodass wir die Autos quasi gar nicht verließen. Angekommen in Port St. Johns in unserem Backpackers am Second Beach, begaben wir uns an den Strand, wohl in dem Wissen, dass man besser nicht ins Wasser gehen sollte. Die Region ist für ihre große Zahl an Hai-Attacken bekannt! Trotzdem hatten wir keinen Grund zur Langeweile, wir spielten Fußball gegen ein paar Südafrikaner, die uns im Beachsoccer herausgefordert hatten. Nach einem souveränen 7:1-Sieg, ging es zurück ins Backpackers. Prasselnder Regen weckte uns am nächsten Morgen. Dieser führte dazu, dass unsere geplanten Aktivitäten buchstäblich ins Wasser fielen und wir uns entschieden, nur eine kurze Wanderung an der Küste zu machen. Der Blick aufs Wasser gab uns natürlich recht: Überall Haie im Wasser zu sehen. Gut, dass das Wetter uns auch nicht wirklich ins Wasser lockte. Vorletzte Station war Coffee Bay, ebenfalls an der Wild Coast gelegen. Hier trafen wir auf etliche andere Freiwillige, mit denen wir gemeinsam die Backpackers und Pizzerien unsicher machten. Tagsüber besuchten wir das bekannte Hole-in-the-Wall, eine Felsformation, durch die ein mehrere Meter großes Loch gespült wurde, sodass die Wellen sehr beeindruckend sich ihren Weg zum Strand suchen. Aus dem geplanten Surfkurs wurde leider doch nix, dafür waren wir schlicht und ergreifend zu faul für (die Sportfreiwilligen wieder…). Nach zwei harten Nächten ließen wir Philipp zurück und machten uns auf nach East London, von wo es für Tom nach Berlin zurückging. Die Jungs aus Port Elizabeth entschlossen sich, noch einmal das Nachtleben auszutesten und so bekamen wir wiederholt zu wenig Schlaf. Letztendlich war es eine sehr erlebnisreiche Woche mit vielen neuen Erfahrungen und Eindrücken!

 

Zurück in der Schule geht es für uns nun auf das letzte Quartal zu. Alle Klassen müssen bald Examen schreiben und die 7. Klassen verlassen die Schule zum Jahresende. Doch vorher fängt für alle noch der Schwimmunterricht an…

 

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